Meine Begegnung mit der Liebe

 

Gegenwart im Jahr 2012

 

 

 

So, jetzt sitze ich hier vor dem Bildschirm und fühle mich leer. Nein, eigentlich nicht leer. Es ist mehr Erschöpfung. Aufgabe. Antriebslosigkeit. Resignation. So, wie wenn Du dich beim Fußball voll verausgabt hast und trotzdem einfach kein Tor erzielen konntest. Verloren. Alles umsonst.

 

 

 

Dann erholt man sich, steht auf und versucht es erneut, werden Sie jetzt sagen. Es ist lediglich eine Frage der Zeit. So war ich auch. Jetzt nicht mehr. Zu mächtig ist die Kraft der Zeit und Ihre gnadenlose Jagd auf mich.

 

 

 

Deswegen warte ich jeden Tag auf den Tod. Den Tod sehe ich für mich als Erlösung. Nicht, dass ich Suizid-Gedanken hege. Nein, ich liebe das Leben und meine Alexandra. Ich warte auf den Tod und würde bei seiner Ankunft erleichtert sein.

 

Endlich Ruhe. Keine Sorgen mehr. Keine Hilflosigkeit mehr. Keine Unsicherheit mehr. Keine Angst mehr. Der Tod dein Freund. Ja, Du bist mein Freund. Auf dich ist Verlass. Du enttäuscht niemanden.

 

Du bist zuverlässig. Egal wie lange ich warten muss, du kommst auf jeden Fall. Wenn Du vor mir stehst werde ich dich willkommen heißen. Du beherrscht die Kunst die Zeit anzuhalten. Du bist zeitlos. Du bestimmst die Zeit deines eintreffen.

 

 

 

Und dabei habe ich wirklich mit meiner Alexandra die große Liebe gefunden, nach der wir uns alle sehnen und viele Sie niemals finden.

 

Ich habe diesen Reichtum. Ich habe dieses unendliche Glück. Den absoluten Lottogewinn. Dieses Glück ist mir absolut bewusst. Jeden Tag darf ich dieses Glück erleben und genießen. Ich habe

 

die Klarheit zu wissen, was Liebe ist. Wie Sie sich anfühlt. Wie Sie riecht. Wie Sie schmeckt. Sie ist mir begegnet.

 

Der Ire am Hafen von Dingle würde nach einem alten, irischen Sprichwort sagen: „What a lucky man you are“. Natürlich auf Gälisch und mit einer brennenden, selbstgedrehten Zigarette auf seinen rauen, wetter - gegerbten irischen Lippen. Und er würde lächeln dabei. In seinen blauen Augen würde lachend das Leben glitzern und sein Blick würde sich in deiner Seele festsetzen. Im Hafen von Dingle liegen die kleinen irischen Fischerboote und im türkis farbigen Meer spiegelt sich der 1000 Meter hohe Haly-Pass und die bunten irischen Fischerhäuschen die oberhalb des Hafen stehen. Der Wind weht dir die salzige Luft des Meeres in dein Gesicht und du riechst den Duft der Freiheit. Unlöschbar. Unentliebbar.

 

Ja , ich habe Alexandra an meiner Seite. Und ich spüre und höre den irischen Fischer aus Dingle. Wir sind unentliebbar, wie mein Sohn Lukas einmal als 7 jähriger sagte. Er hatte damals in der Nachbarstochter seine erste große Liebe gefunden.

 

 

 

Dann halte ich für einen Moment inne und stoppe das schreiben. Ich sitze hier an unserem Esszimmertisch im kolonial Stil, Dänisches Bettenlager. Da sitzt Sie vor mir, meine Alex. Sie sitzt auf dem Ledersofa, ebenfalls kolonial Stil und liest ein Buch. Das Radio läuft mit Musik auf unserem Lieblingssender Radio MK. Alex ist eine Leseratte und Rätselkönigin. Sie hat Ihre wunderschönen braunen Haare, die mit silberner Farbe gemischt sind, mit Ihrem kleinen, grauen Haarband zu einem Zopf gebunden. Die Zehen in Ihren puscheligen Socken bewegen sich hin und her. Dann geht es Ihr gut. Ihr Gesicht und Ihre Gesichtszüge sind ruhig und friedlich. Ja, so ist Sie. Ruhig und friedlich. Dann strömt es wieder einmal in mich. Diese Liebe. Mein Gott, wie sehr ich Alex liebe. Die Sonne scheint in den Raum. Unser Hund Balou liegt schlafend vor Alex auf den Holzdielen. Ein 2 jähriger Berner Sennen Mix. Seine Füßchen bewegen sich auch. Er träumt. Der Kater Kuddel liegt daneben und schläft ebenfalls. Er schnarcht. Es ist ein Moment des totalen Frieden und Glücks.

 

Jetzt, genau jetzt ist er da. Wieder einmal. Dieser magische Moment den ich im Raum, in meinem Körper, in meiner Seele und in meinem Herzen spüre. Ausgefüllt mit Liebe und Glück. Die Erfüllung von Frieden und Ruhe.

 

 

 

Ja, ich habe es in diesem Moment wieder geschafft die Zeit anzuhalten. „What a lucky man you are.“ Alex merkt das ich Sie anschaue. Sie lacht mich an und sagt: „Deine Augen sind jetzt wieder ganz blau.“ Dann wirft Sie mir einen Kuss über Ihre Hand zu. „Ich liebe dich so sehr“ sage ich und tauche wieder in die Geschichte ein. Die Gedanken sind jetzt beim leben und klar. Klarheit. Das ist das wichtigste was ich im Leben gelernt habe. Du musst Klarheit haben. In allen Dingen.

 

 

 

Sie werden jetzt fragen : „ Was will der denn ? Der ist doch glücklich und hat seine Liebe gefunden.“ Und wie kann irgend jemand die Zeit anhalten ?

 

 

 

Doch, es gibt die Möglichkeit die Zeit anzuhalten. Es sind magische Momente. Es sind Momente, in denen Sie der Liebe begegnen und somit dem Glück. Denn Liebe ist Glück. Sie hat als einzige die Macht und die Kraft die Zeit des Lebens anzuhalten. Ich habe viele dieser Momente erlebt und war doch in der Vergangenheit ein Zeitmensch. Unser ganzes Leben ist nach Zeit normiert. Zeiteinheiten bestimmen unser da sein. Uhrzeit. Startzeit. Zeit anzufangen. Zeitarbeit. Zeit ist Geld. Jetzt wird es aber Zeit. Dafür habe ich keine Zeit. Sie haben 2 Tage Zeit um Ihre Schulden zu bezahlen. Wir setzen Ihnen eine Frist von. Verstöße werden gnadenlos bestraft, wie in meinem Fall.

 

 

 

Ich möchte mit der folgenden Geschichte versuchen, Ihnen meine Begegnung mit der Liebe und die Kunst vom anhalten der Zeit so gut wie möglich zu beschreiben. Ich werde mir sehr viel Mühe geben und hoffe, dass Sie am Ende der Geschichte sagen werden: „ Ja. Das kann ich verstehen. So ist das Leben. So ist die Liebe. So ist das Glück.“ Und vielleicht schaffen wir es gemeinsam für den Moment dieser Geschichte die Zeit anzuhalten.

 

 

 

Als erstes werde ich mich beschreiben, damit Sie beim lesen ein klares Bild von mir in Ihren Gedanken haben und Sie die kommenden Worte dem Bild zuordnen können.

 

 

 

Mein Name ist dabei nicht von Bedeutung. Nennen wir mich in der Geschichte „Michael_64“. Das wird später für Sie in der Geschichte einen Sinn ergeben.

 

Ich wurde 1964 in einer Arbeitersiedlung in der Nähe von Lüdenscheid geboren. Das weitere kommt im Verlauf der Erzählung.

 

Ich bin männlichen Geschlechtes. 183 cm groß. Braunes Haar, das vorne lang über die Stirn ragt und hinten lang in den Nacken. Die Haare trage ich mit der Hilfe von kaltem Morgenwasser vorne gekämmt nach hinten. Dann ist die Stirn frei. Ich mag es nicht, wenn die langen Haare in die Stirn oder die Augen rein hängen. Das Gesicht ist markant und vom Leben geprägt. Die Hautfarbe ist mit den ersten 3 Stunden Sonnenstrahlen immer mittel braun. Die Nase hat von einem Kellertreppensturz als zweijähriger kurz vor der Stirnwurzel den typischen Nasenbruchhuppel. Die Augenbrauen sind braun und dicht. Die Augen blau. So blau wie die vom irischen Fischer aus Dingle; Sie können sich erinnern. Sie sind aber nur dann so blau, wenn ich für wenige Sekunden das Glück spüren darf. Dann kommt schon wieder die Traurigkeit und Sie werden matt blau. Fast immer trage ich einen drei bis 5 Tage - Bart. Dann rasieren. Und wieder Tage - Bart. Rasieren. Spannend, oder ? Der Oberkörper ist kräftig gebaut. Die Schultern sind sehr muskulös und ausgebaut. Ein Überbleibsel meiner sportlichen Aktivitäten aus der Zeit 14 bis 25 Jahre. Selbstverteidigung, Fußball, Volleyball, Squash, Badminton, Tischtennis, Jogging täglich. Jetzt bin ich in ein paar Tagen 48 Jahre alt. Ich trage privat schlichte Kleidung. Schwarze Unterhose im sportlichen Schnitt. Immer ein weißes Unterhemd. Dunkelgraue oder schwarze Socken. Ein schwarzes, einfach geschnittenes Hemd. Eine schwarze Jeans. Schwarze oder braune Stiefel. Eine schwarze oder braune Lederjacke. Und meinen braunen Hut im Indiana Jones Stil.

 

Und ; ich trage keine Uhr. Seit 2008 trage ich keine Uhr mehr. Nie wieder werde ich eine Uhr tragen.

 

 

 

So, jetzt haben Sie ein Bild von mir. Das macht jetzt beim lesen mehr Spaß. Man kann sagen, dass passt oder passt nicht zu diesem Bild. Das Bild ist aber immer da. Es begleitet Sie nun in dieser Geschichte. Machen Sie etwas daraus. Stopp. Das ist nur die Hülle. Sie haben nur ein äußerliches Bild. Nur die Oberfläche. Das kann täuschen. Wie sieht der denn von innen aus ? Würden Sie jetzt sagen, dass Sie mich nun von innen her kennen ? Ja , das fragen Sie zu recht. Nur so kann ich mir ein wirkliches, reales Bild von einem Menschen machen.

 

 

 

Nun gut. Dann gehen wir mal die Beschreibung des Inneren an.

 

Ich könnte den ganzen Tag und immer wieder folgend die Menschen beobachten. Egal was Sie gerade machen und tun. Einfach nur beobachten. Aber ich mag die Menschen nicht. Ich traue Ihnen nicht mehr. Das ist nur bei alten Menschen und Kindern anders. Und bei Alexandra.

 

Meine Kinder Lina und Lukas fehlen mir unendlich. Deswegen bin ich immer traurig. Wenn ich die Traurigkeit nicht merke, dann wird Sie für diese Zeitepoche durch ein Ereignis überspielt. Doch darunter ist Sie immer, die Traurigkeit. Die Traurigkeit ist ein Sohn der Zeit. Sie ist immer bei mir. Die Kinder gehörten zu mir und wurden mir wie aus dem Nichts entzogen. Seit drei Jahren höre ich nichts mehr von Ihnen. Sie fehlen mir. Ich fehle mir durch Ihr fehlen. Somit werde ich immer traurig sein. Nie mehr richtig glücklich.

 

Ich denke. Eigentlich denke ich immer, auch wenn ich von außen betrachtet nichts tue. Ich denke.

 

Ich denke generell und quer. Nicht ist mir so widerlich wie geradeaus. Immer gegen den Strom. Nie richte ich mich nach anderen. Gesetze und Regeln sind mir unangenehm. Ich bin und bleibe ein Freidenker. Zur Zeit denke ich an mein und Alexandras überleben. Wir kommen mit dem Geld nicht mehr aus. Die Gläubiger sind alle informiert und es gibt keine Zukunft. Alles läuft auf das soziale Elend hinaus. Das macht mir Angst und ich verstehe nicht warum. Angst. Eine meiner drei Lebensbegleiter. Ich bestehe innerlich aus Angst, Hilflosigkeit und Unsicherheit. Sie fragen sich jetzt wie und ob ein Mensch mit dieser Substanz leben und bestehen kann. Ja, ich bin der lebende Beweis. Der Uhrzeiger läuft weiter, die Lebensuhr läuft weiter. Egal was Sie sind und Ihnen passiert ist; die Lebensuhr läuft weiter. Wenn die nicht mehr tickt, dann sind wir alle tot. Still. Nicht mehr existent. Nicht mehr wichtig. Nichts geht mehr. Und das ist mein Grundgedanke. Meine Grundeinstellung. Wir sind nicht ewig. Ich habe nur diese eine, zeitlich begrenzte Lebensmöglichkeit. So könnte ich komplett loslassen und alles wäre mir egal. Das totale Glück. Aber das geht nicht. Warum wird sich aus den kommenden Seiten herausfinden lassen.

 

 

 

 

 

Sommer 2007 , Erinnerung an die Liebe.

 

 

 

Mein Gott, was für ein Leben. Alles ist durcheinander. Nichts stimmt. Bier trinken ändert nichts an der Situation, aber es schmeckt mir. Jetzt sitze ich hier. Allein. 43 Jahre alt. Was nützt mir das ? Nichts. Ich sitze hier auf dem kleinen Balkon und schaue auf die Lister Talsperre. Es ist warm in dieser Sommernacht. Doch ich bin allein. Die Luft riecht nach Heu, dass vor mir auf der gegenüber liegenden Straßenseite frisch gemäht liegt und seit 3 Tagen in der Sonne trocknet. Motten schwirren um die Laterne, die vor dem Haus steht. Ein Hund in der Nachbarschaft bellt. Es ist idyllisch hier. Sehr ruhig und einsam. In meinen Gedanken spielt sich der Horror der letzten Monate ab. Ich bin eindeutig traumatisiert. Was war passiert ?

 

 

 

Vor drei Jahren wurde die Entscheidung getroffen ein Haus zu bauen. Wir bauen ein Haus.

 

Wir. Das sind meine Kinder Lina und Lukas und meine Frau. Noch ist Sie es, die alte Hackfresse.

 

Die Scheidung läuft, nur noch die Trennungsphase abwarten.

 

In 2004 wurde es bezogen. Nach unmenschlichen quälereien. Danke Papa, danke Schwiegervater.

 

Zur Belohnung für die Qualen habe ich dann meine Noch-Frau in 2006 beim Fick in unserem Gästezimmer erwischt. Dafür hatte Sie sich einen 25 jährigen Nachbarjungen ausgeguckt. Ihre große Liebe. Trotzdem habe ich noch einige Monate in dem Haus gewohnt. Ich brauchte und brauche den Alltag mit meinen Kindern Lina und Lukas, die ich abgöttisch liebe. Dann der Auszug im Herbst 2006 und im Sommer 2007 der Einzug in die Wohnung an der Lister Talsperre.

 

Nur 18 Minuten bis zur Arbeit. Mit dem Motorrad 12 Minuten.

 

 

 

Das Haus wird im September 2007 an die neuen Eigentümer übergeben. Ich bezahle alle Kosten für das Haus. Lina und Lukas sehe ich nach kurzfristiger Absprache, die von Ihrer Mutter bestimmt wird. Ich habe jedes mal Angst vor dem Moment des Abschieds. Dann steigen Sie aus dem Auto und sagen : „Tschüs Papa, bis zum nächsten mal.“ Dabei haben Sie Tränen in den Augen. Ich nicke dann nur. Kann nicht mehr sprechen. Der Kloß in meinem Hals wiegt mindestens eine Tonne.

 

Ich lächle und schaue Ihnen nach. Das Monster wartet schon an der Tür und empfängt Sie. Wann werden wir uns wiedersehen ?

 

 

 

Ich fahre nach Hause. Nach Hause ? Nein, das ist nicht zu Hause. Meine Kinder sind mein zu Hause. Tränen laufen über meine Wangen und verfangen sich im 3 Tage Bart. Es ist unentliebbar. Dann schließe ich die Wohnungstür auf. Leere. Selbst tausend Möbel, die schönsten Farben, das beste Feng Chui oder ein Marktplatz in der Wohnung können diese Leere nicht wandeln. Es fehlt einfach etwas. Es ist unentliebbar. Mir wurde klar, dass ich mit den Kindern glücklich war. Ich war für das leben mit den Kindern bereit mit einer Frau zu leben, die ich nicht liebte. Zu dieser Zeit konnte ich nicht ahnen, was der Grund dafür war.

 

 

 

So vergehen die Tage. Ich gehe schlafen und mir fehlen die Kinder, die Liebe. Wenn Sie um mich sind ist es warm. Ohne die Kinder ist es kalt. Liebe wärmt also. Ich werde wieder kalt.

 

Auch bei der Arbeit hat sich etwas verändert. Da wird es immer mehr. Und in der Zeit der Arbeit kann ich nicht trauern. Da muss man ja funktionieren. Hier läuft der Zeit-Zeiger. Seinem Takt musst du folgen. Wie auf einem Sklaven-Schiff. Der Takt der Ruderschläge wird mit der Peitsche geschlagen. Ein Mann rudert für drei Männer. Wer nicht mehr kann wird über Bord geschmissen. Die Haie fressen dieses soziale Elend schnell und spurlos weg. Auch Frau muss funktionieren. Meine Worte , meine Hilfeschreie bei und mit der Arbeit werden nicht erhört. So geht das jeden Tag. Es wird immer schlimmer. Ich werde immer kraftloser. An den Wochenenden fahre ich kurze Strecken mit meiner Virago und sitze anschließend in der Wohnung. Allein. Einsam. Traurig. Hilflos. Unsicher. Angst.

 

 

 

Ich schaue auf die wenigen Fotos der Kinder, die ich mir heimlich geklaut habe. Sonst hätte ich gar nichts aus unserer Vergangenheit bekommen. Sie hängen an Mobiles in meinem Flur. So ist mein erster Blick bei reinkommen der auf die Kinder. Mir kommen die tausend glücklichen Momente mit meinen Kindern wie gerade erlebt vor. Wie ich Sie Nachts durch die Wohnung trage weil ein neues Zähnchen kommt oder der Bauch drückt. Das niedliche sitzen in Ihrem Kindersitz und das füttern mit dem Plastiklöffel. Diese dankbaren und glücklichen Augen die dich dann anschauen. Das fette und unübertroffene Bäuerchen nach dem Essen. Ihr lachen. Ihre ersten Worte. Die ersten Tränen. Ich denke an die unzähligen Abende an denen ich nach harter Arbeit an Ihrem Bettchen sitze und Ihnen Ihre Pixi-Buch Geschichte vorlese. Ich liebte Ihre Zwischenfragen. Papa und dann. Papa warum ?

 

Schlaft gut mein Mädchen, schlafe gut mein Junge. Ich habe euch lieb.“

 

Wie lieb denn Papa ? Na von der Erde bis zum Mond und wieder zurück. So , jetzt wird aber geschlafen.“ Das Gefühl wenn Ihre kleinen Arme dich umfassen, wenn Du Sie auf deinen Arm hebst.Die ersten Fahrten mit dem Dreirad. Das fahren mit dem Puki-Rad mit Stützrädern und dann ohne. Das schwimmen mit den Schwimmflügeln. Das einkaufen vor Ihrem Kaufmannsladen, den Ihr Opa selbst gebaut hat.

 

Was kostet denn die Schlangengurke ? 50 DM „, ruft der kleine Luki mit seinen damals noch dicken und vollen Wangen. Er steht vor mir mit seinen strammen Beinchen in seiner weißen Strumpfhose. Und er hat seine Kaufmannsschürze an. „Nein Luki, das ist viel zu teuer. Die kostet nur 15 DM „ sagt seine Schwester Lina. Sie steht vor mir mit Ihrem süßen Gesicht und Ihren blonden Haaren, die in der Sonne wie Gold glänzen können. Ihre Stimmen sind tief in meinem Gehirn verwurzelt. Die Erlebnisse tief in meiner Seele. Und Ihre Liebe sitzt tief in meinem Herzen.

 

Ja, ich durfte so viele Jahre das pure Glück und die Begegnung mit der Liebe spüren und genießen.

 

Diese Liebe, die man nur nachvollziehen kann, wenn Du sie erlebt hast. Das geht nur mit Kindern.

 

Ich hatte so viele Jahre das Glück. „What a lucky man you are.“ Mir wurde klar, dass es verschiedene Begegnungen von Liebe und Glück gibt.

 

Das wurde mir jetzt durch die Trennung der Kinder so richtig bewusst. Ich schaffte es aber über die ganzen Jahre nicht in diesen Momenten, die voller Liebe und Glück waren, die Zeit anzuhalten.

 

Nun hat die Zeit mir dieses Leben entzogen. Es ist weg. Ich konnte es nicht anhalten. Nichtmal einen dieser Momente konnte ich anhalten.

 

 

 

Dann kommt diese tiefe Traurigkeit und Sie kommt mit vielen Tränen. Immer begleitet von dem Wunsch zu sterben. So möchte ich nicht leben. Mir fehlt der Boden unter meinen Füßen. Mir fehlt der Antrieb zum da sein. Mir fehlt der Alltag mit Ihnen. Ich beschließe mich an diesem Samstag zu betrinken. Mit Bier. Irgendwann wache ich auf dem Sofa auf. Die Straßenlaterne schickt mir ihr sanftes Licht in das Wohnzimmer. Es regnet ein bisschen. Die Luft riecht gut nach Sommer und Abkühlung. Die CD ist auf Wiederholung eingestellt. Vicky Leandros. Nein sorg dich nicht um mich. Du weist ich liebe das Leben. Mein Lieblingslied. Mein Schädel dröhnt vom Bierkonsum. Ich halte den Kopf unter den Wasserkran im Bad und drehe kalt auf. Ja das tut gut. Ich kämme mir die Haare von der Stirn nach hinten. Sie sollen nicht in der Stirn hängen.

 

 

 

Irgendwann sitze ich vor dem Computer. In meiner Wut und Traurigkeit stoße ich auf ein Partner Portal.

 

Friend Scout. Ich melde mich an und stelle meine Daten und Fotos ein. Ich will Rache nehmen.

 

Rache für mein jetziges Leben oder vielleicht das ganze Leben. Oder suchte ich einfach nur Menschen weil ich so allein war ? Es war jedenfalls eine Frust Handlung und ich hasste die Vorstellung einer „elektronischen“ Liebe. Undenkbar. Durch die Geschwindigkeit des Stroms wird der magische Moment einer Begegnung aus der Liebe werden kann einfach verkürzt. Ein Lebensabschnitt auf den Bruchteil einer Sekunde minimiert. Das war ich nicht. Die Liebe und die Frau die zu mir passt gibt es nicht. Schon gar nicht über den Strom. Ich hatte mein bisheriges Leben danach gesucht und Sie nicht gefunden. Warum sollte das jetzt anders sein ?

 

 

 

Es gab viele Frauen. Es gab kurze und lange Beziehungen. Meine Ehe hielt 16 Jahre. Nein, ich musste 16 Jahre ertragen. Das konnte ich nur wegen meiner tiefen Liebe zu den Kindern. Aber wenn ich jetzt so über die Beziehungen nachdenke war es immer ein Benutzen meiner Person und meiner Seele. Dann muss ich erst einmal kotzen. Die Erinnerung an das Schlechte der letzten Jahre fährt mit der Geschwindigkeit eines Fahrstuhles durch meine Speiseröhre. Dann platschen die tausenden bunten Teilchen in die weiße Keramikschüssel zu der wir in unserer Region Klo sagen.

 

Schade um die gute Pizza denke ich und wasche mir den Mund ab. Ich drücke die Spülung und schaffe es leider nicht die schlechten Jahre einfach weg zu spülen.

 

 

 

Es konnte Sie auch nicht geben und funktionieren. Ich kannte ja meine eigene Geschichte nicht. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht was ich als 5 jähriger grausames erlebt hatte. Ich lebte in einem schwarzen Loch und ahnte es nicht. Ich war nur die Hülle und in dem Loch lebte der 5 jährige. Und meine Kinder hatten das unvorstellbare geschafft. Sie drangen mit Ihrer Liebe durch diese Hülle in das schwarze Loch zu dem 5 jährigen. „What a lucky child you are.“

 

 

 

 

 

Die Begegnung mit der Liebe.

 

 

 

Die Neugierde zog mich vor den Compi. Friend Scout und einloggen. Ich schaute mir die Kontakte an. Und dann sah ich Sie das erste mal. Alexandra alias Schnuppe. Ich hielt inne und versank in dem Blick ihrer Augen. Da passierte irgend etwas. Es war ein magischer Moment. Tief aus meiner Seele meldete sich eine Ahnung. Ich schaute mir Ihr Profil an. Sternzeichen Steinbock. Alles gefiel mir. Sie sah auf dem Foto klasse aus. Eine Wuchtbrumme mit einer 10 auf der Skala. Was ich auf dem Foto nachgemessen habe und wie viel handvoll es wohl sein musste bleibt das Geheimnis von Alex und mir. Auf jeden Fall kann ich heute sagen das ich richtig gemessen habe. Es bestand die Möglichkeit des chatten innerhalb des Profils. Mein Herz klopfte.

 

Der Cursor schwebte über dem Button. Dann verlies mich der Mut und ich ging zurück in mein Wohnzimmer. Noch spürte ich nicht wie tief sich das Bild von Alex in mein Herz und meine Seele gebohrt hatte. Ab diesem magischen Moment war Sie immer bei mir. Es sollte unentliebbar werden.

 

Ich merkte in diesem Moment nicht, dass ich komplett die Zeit dieses Momentes vergessen hatte.

 

Aber ich lernte.

 

 

 

Die kommenden Tage vergingen und permanent war das Bild von Schnuppe in mir. Sobald ich nach Hause kam warf ich den Compi an und loggte mich bei Friend Scout ein und rief das Profil von Schnuppe auf. Wer bist Du ? Was machst Du hier ? Warum machst Du das hier ? Was willst Du ?

 

Die Antwort auf all diese Fragen ist mit Mut möglich. Gib dir einen Ruck. Warum fängt Schnuppe nicht an ? Spricht ja für Alexandra, dass Sie nicht die Typen in diesem Portal anquatscht. Diese Transparenz hier in dem Portal. Das ist fast unheimlich. Die Möglichkeit des ausnutzen war gegeben. Mir ging ein Schauer über den Rücken. Und dann klickte ich den Smili mit dem Titel „Ich finde dich toll“ an. Ich merkte meine Aufregung und wie sich Schweiß unter meinen Achseln bildete.

 

Ich saß vor dem Schirm und wartete. Mir war es ein bisschen übel. Gebannt starrte ich auf das Antwortfeld und die Chat-Übersicht. Nichts passierte. Geduld war ja auch nicht meine Stärke.

 

Typisch. Nichts passiert. Warum sollte ausgerechnet ich Glück haben. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich nicht, dass Alexandra genauso vor meinem Profil gesessen hatte und täglich auf ein Zeichen von mir gewartet hatte. Später erfuhr ich, dass Sie selbst das Profil gar nicht angelegt hatte. Das wurde von Ihrem Onkel Werner und ihrem Sohn Marvin angelegt. Ohne Ihr Wissen. Alexandra hatte exakt die gleiche Einstellung zu Partnerschaftsportalen wie ich. Niemals eine „elektronische“ Beziehung. Wer möchte denn schon mit einem Stromkabel sprechen ?Wir sind da beide sehr altmodisch und glauben an den Zufall der Liebe. Als Sie von Ihrem Onkel eingeweiht wurde und sich abreagiert hatte (Sie kann auch richtig wütend werden) passierte das gleiche was mir passiert war. Alexandra fand mein Profil. Michael_64. Sie sah auf mein Foto. Dann spürte Sie etwas in ihrer Seele. Da passierte etwas. Ab diesem Moment ging dieses Bild nicht mehr weg. Es war immer da. Das Profil und auch ich gefiel Ihr. Sie war neugierig. Sie würde warten bis ich mich melde. Doch da passierte nichts. Mich zu kontaktierten ging gar nicht. Da sind wir beide sehr altmodisch. Doch dann passierte es. Ihr Sohn rief Alexandra in sein Zimmer. Dort saß er mit Alexandras Onkel. „Mama, Du hast einen Kontakt. Von Michael_64.“

 

Aufgeregt und aufgewühlt saßen Sie um mein Profil herum. „Lass Ihn noch zappeln.“ Alle waren sich einig. Wenn er es wirklich ernst meint, dann bleibt er dran.

 

Dann war Schnuppe allein in der kleinen 2-Zimmer Wohnung. Sie setzte sich vor den Compi und loggte sich in das Portal ein. Michael_64. Dann der klick auf das Button. „Willst Du mit mir chatten?“ In diesem Moment stand ich zufällig im Büro meiner Wohnung. Der Laptop war online und ich erhielt die Eingangsinformation mit einem Informationsgeräusch. Doppelklick mit der Maus. Das Fenster öffnet sich. Schnuppe. Wie der starre Hase, der vom Fuchs gestellt wird, starre ich auf den Bildschirm. Die Hände sind feucht. Das Herz pocht mir bis zum Hals. Ich klicke auf den Chat. Wir sind jetzt beide online. Der Cursor blinkt vor mir auf.

 

 

 

Michael: Hallo Schnuppe. Hier ist Michael. Danke für deine Rückmeldung.

 

 

 

Alexandra: Hallo Michael. Hier ist Schnuppe. Gerne.

 

 

 

Michael: Ich finde das komisch. So miteinander zu reden. Das mag ich so nicht. Ich fühle mich nicht frei.

 

 

 

Alexandra: Ja. Ich auch. Geht mir genau so.

 

 

 

Michael: Ich gebe dir meine Telefon-Nr. Wenn Du magst, kannst Du mich ja anrufen.

 

 

 

Alexandra: Gerne. Dann mal los.

 

 

 

Michael: 02354 / 601487. Wohne an der Listertalsperre.

 

 

 

Alexandra: Danke. Das ist nicht weit weg von mir. Warte. Ich rufe dich an.

 

 

 

Das Telefon klingelt. Ich lasse es noch einmal klingeln.

 

 

 

Michael: Hallo.

 

 

 

Alexandra: Hallo. Ich bin es.

 

 

 

Dann war es passiert. Ich hörte das erste mal Ihre Stimme. Sie war warm, einfühlsam und herzlich. Diese Stimme war mir doch so vertraut. Sie ging durch meine Gehörgänge und klopfte an meine Seele. Eine Verwandte. Eine Seelen-verwandte. Die Stimme öffnete die Eingangstür meiner Seele und ließ sich fallen. Sie fiel in ein schwarzes Loch. Nach vielen hunderttausenden von Kilometern erreichte Sie mich. Den 5 jährigen. Ein Gefühl nach Hause zu kommen. Ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit. Ich ahnte, dass diese Stimme meine Medizin werden würde. Diese Stimme würde mich nach Hause holen, wenn ich einmal verloren war.

 

 

 

Alexandra: Michael ? Ist etwas passiert ? Geht es dir gut ?

 

 

 

Michael: Ja. Alles ist in Ordnung. Ich bin gerade sehr glücklich.

 

 

 

Alexandra: Schön. Das ist gut. Glücklich zu sein ist sehr wichtig. Erzähl mir doch etwas über dich.

 

 

 

Michael: Sehr gerne. Hast Du eine Flatrate. Sonst rufe ich zurück.

 

 

 

Alexandra: Ich habe eine Flatrate. Leg mal los und erzähl von dir.

 

 

 

Dann erzählte ich. Von mir. Meinem Leben. Meinem Beruf und meiner Arbeit. Die kaputte Ehe. Das vermissen der Kinder.

 

Meine Traurigkeit. Zwischendurch unterbrachen wir und tranken Wein. Immer wieder hörte ich diese Stimme. „Aha, mhmm, Soo, Na klar“ und Ihr Lachen. Es war ein Lachen das direkt aus Ihrem Herzen kam. Ihr Lachen ist befreiend. Es ist tief und fett und die Töne gehen hoch und runter. Niemals sollte diese Stimme und niemals sollte dieses Lachen aufhören. Nur besondere, vertraute Menschen in Ihrem Leben hören dieses besondere Lachen von Ihr. Das VIP-Lounge Lachen. Es sollte zu meinem Leben gehören. Plötzlich stand es vor mir. Das, wonach ich mein Leben lang gesucht hatte.

 

What a lucky man you are.

 

Das Telefonat hatte einen Anfang aber kein Ende. Unser Leben wurde zu einem Telefonat. So vergingen die kommenden Tage. Jetzt waren Sie wieder da die schönen Gefühle. Ich freute mich auf die Gespräche mit Alexandra. Es war mit die schönste Zeit in meinem Leben. Es gab keine Zeit. Diese Tage waren zeitlos. Sie ist sogar Fußball verrückt, genau wie ich. Sie liebt und lebt für den BVB, genau wie ich.

 

 

 

Ich sehe meine Alex vor mir. Meisterfeier 2012. Pokalsieger. Wir stehen am Hansaplatz in Dortmund. Sie hat sich schon seit Tagen wie ein kleines Kind darauf gefreut. Immer wieder fragt Sie mich. Fahren wir auch wirklich dahin ? Jetzt steht Sie da vor mir. Ihr Borussen Schal. Die Stutzen. Ihr Trikot. Und das glitzern in Ihren Augen. Diese pure Freude. Alles ist echt. Es ist authentisch. Sie ist authentisch. Wir sind authentisch. Wir stehen auf dem Bürgersteig am Wall. Direkt vor dem Parkhaus Hansaplatz. Dann kommt der Bus mit den unglaublichen Dortmundern. Jürgen Klopp schaut mir in die Augen. Ich spüre das durch seine und meine Sonnenbrille. Alex ist nicht mehr zu halten. Sie springt hoch und hin und her wie ein kleines Eichhörnchen.

 

In diesem Moment habe ich es wieder gespürt. Die Zeit blieb für einen kurzen Moment stehen. Ein magischer Moment.

 

Blicke kreuzten sich. In diesem Vakuum der Zeit war die pure Glückseligkeit. Nur Menschen denen die Liebe begegnet ist spüren das anhalten der Lebenszeit in diesem magischen Moment. Sekunden werden hier zur Ewigkeit. What a lucky man you are.

 

 

 

Sollte es das sein ? Bisher war es nur das Telefon. Die Stimme, die mir so vertraut war. Das Foto im Profil. Durch unsere Gespräche hatten wir das Gefühl uns schon ewig zu kennen. Wir waren Seelen-verwandte. Die Liebe und das Glück stand vor uns. Wir brauchten nur noch danach zu greifen. Es musste ein Treffen her. Eine Verabredung. Ich lud Alex zu einem Abendessen beim Griechen ein. Es war schon Ende Oktober. Freitag Abend um 20:00 Uhr hole ich Sie ab. Ich war aufgeregt wie ein kleiner Junge. Duschen. Rasieren. After Shave. Schwarze Jeans. Schwarzes Hemd. Weste. Stiefel. Die schwarze Lederjacke. Dann ins Auto. Geld am Automaten abheben. Ja nichts falsch machen. Um 19:10 Uhr passiere ich die Nordhelle. An der Oestertalsperre vorbei und Richtung Plettenberg, Zentrum. Bei Real Kauf bekomme ich noch Blumen. Ein wunderschöner Herbst-Strauß. 19:40 Uhr. Es wird Zeit. Ich bin an dem beschriebenen Punkt. Scheiße. Wo ist die Haus-Nr.

 

Kein Navi im Auto. 19:50 Uhr. Ich frage einen Spaziergänger. Gleich um die Ecke. Gefunden.

 

Mein Herz pocht. Ich bin nervös, freudig nervös. Meine Finger zittern und die Stimme auch. Tief durchatmen und Sprechübung ohne zittern. Dann drücke ich auf den Klingelkopf. Der Türöffner summt. Ich gehe die Treppen hoch. Die Tür öffnet sich. Da steht Sie. In der halb geöffneten Tür.

 

 

 

Michael: Hallo. Da bin ich. Pünktlich wie die Maurer.

 

 

 

Alexandra: Hallo. Sind die Blumen für mich ? Das wäre doch nicht nötig gewesen.

 

 

 

Dann steht Sie vor mir im Flur und die Blumen verschwinden hinter der Wohnungstür.

 

Ich bin für eine Sekunde verwirrt. Später werden wir über diesen Moment immer wieder lachen.

 

Wir fuhren zu einem sehr gutem griechischen Restaurant in Lüdenscheid. Im Radio spielte Musik. Wir sprachen nicht sehr viel. Im Restaurant bestellten wir dann. Alex trank Wasser und Ouzo. Dann fing Sie an von sich zu erzählen. Sie aß, trank und erzählte. Alexandra erzählte mir Ihr Leben. Als ich diese sanfte Stimme hörte und diese wunderschöne Frau vor mir saß passierte es. Das funktioniert wirklich nur in besonderen Momenten. Ich konnte in Ihre Seele schauen und sah das kleine, verängstigte Mädchen vor mir. Ich reicht dem kleinen Mädchen meine Hand und zog es zu mir. Alexandra unterbrach ihre Erzählung. „Was hast Du da gerade gemacht ? Ich habe noch niemanden das von mir erzählt.“ Ja, wir waren Seelen verwandte.

 

Jetzt durfte ich diese Gefühle erleben. Liebe strömte in mein trauriges Leben. Der Glaube an die Liebe kehrt wieder zurück. Es gibt Hoffnung. Es gibt wieder Sinn. Glück. Antrieb. Mut. Kraft.

 

Ich war Ihr wieder einmal begegnet. Der Liebe.

 

 

 

Es folgten weitere Verabredungen und wir telefonierten jeden Abend miteinander.

 

In diesen Momenten gab es keine Zeit. Sie hatte Ihre Bedeutung verloren. Die Zeit wurde so langsam eifersüchtig. Sie merkte, dass Sie mich verlor. Ich wurde zeitlos. Die Zeit schickte mir Ihre Jäger.

 

Alexandras Stimme ist für mich jedes mal das Gefühl nach Hause zu kommen. Das ist heute noch so.

 

 

 

Dann kam der erste Kuss. Unser erster Kuss ist für mich unvergesslich. Wir standen auf dem Parkplatz E2 vor dem Signal Iduna Stadion in Dortmund. Es war ein Samstag. Wir waren ein bisschen spät dran. Die Borussen sangen unser Lied. You will never walk allone. Ich schaute Alex in Ihre bernstein farbigen Augen und küsste Sie. Wir verschmolzen ineinander und die Zeit hielt an. Der Sekundenzeiger stand. Es gab nur uns und den Kuss. Die Dimensionen verschoben sich. Genau in dem Moment ist es passiert.

 

Unentliebbar. Der Kuss als Siegel für uns. Seit diesem Moment gibt es keinen Tag an dem wir nicht zusammen waren. Wir hatten uns gefunden. Ich hatte meine Begegnung mit der Liebe. What a lucky man you are.

 

 

 

Im November 2007 wurde ich schwer krank. Das Fieber ging nicht mehr zurück. Über Wochen immer wieder Fieber. Alexandra kam zu mir und pflegte mich. Ich war zu schwach dafür. Nach 6 Wochen schlugen die Antibiotika endlich an; kurz vor der Zwangseinweisung in das Krankenhaus.

 

Langsam kam ich wieder zu Kräften. Dann kam der totale Einbruch. Burn out. Ich musste die Eifersucht der Zeit spüren. Ihre Rache drang mit Ihren Jägern in mein glückliches Leben. Wer sich gegen die Zeit, gegen die Vernunft wendet muss leiden. Jegliche Missachtung wird mit bleibenden Lebensschäden bestraft.

 

 

 

In einer Nacht im Frühjahr 2008 wache ich auf. Es ist drei Uhr Nachts. Meine rechte Seite ist gelähmt. Ich kann Sie nicht mehr bewegen. Speichel läuft aus meinem Mundwinkel. Ich weine.

 

Ich zucke wie ein Epileptiker. „Di e weine. Di e mien weine.“ Ich stammle diese Worte und weine.

 

Noch niemals im Leben hatte ich solche Angst wie in diesem Moment. Noch niemals in meinem Leben habe ich so eine Wut in mir gespürt. Ich hatte meinen Dämon gesehen. Jetzt, nach 43 Jahren hat er sich gemeldet. Der Dämon zeigte mir schlimme Bilder. Alexandra beruhigte mich. Ich lag in einem tiefen, schwarzen Loch. Sie reichte mir Ihre Hand und zog mich heraus. Ihre Stimme war meine Medizin.

 

Sie gab mir ein Beruhigungsmittel und ich schlief unter Schmerzen wieder ein.

 

Erst im Jahr 2010 fand ich heraus, dass ich als 5 jähriger missbraucht wurde. In einer Therapie schaffte ich es den 5 jährigen aus seinem Loch zu holen und mit Ihm gemeinsam durch das Leben zu gehen. Eine Therapie der ganz besonderen Art. Sie wird durch das Leben geprägt. Das Leben meinte es nicht gut mit uns. Ich hatte mich mit der Zeit angelegt. Missachtung der Zeit. Einfach inne halten, stehen bleiben und später wieder einsteigen. Das geht nicht.

 

Immer wieder gibt es Hasspost von der Hackfresse, die wahrscheinlich nicht loslassen kann. Die Kinder wurden mir entzogen. Kontaktsperre. Geldforderung. Die Wehr über einen Rechtsanwalt kosten mich viele tausende von Euro. Nach der Wiedereingliederung in meinen alten Job wurde ich gemobbt. Ich hatte mich geoutet und bezahlte den Preis für das zeigen von Schwäche. Missachtung der Zeit lautete das Urteil. Wir hatten uns ein gebrauchtes Haus gekauft und fanden Schimmel in dem Haus. Die Bank wollte nicht die vereinbarte Darlehenssumme zur Verfügung stellen. Einen Prozess gegen die Hausverkäuferin haben wir verloren. Meine Arbeit habe ich auch verloren. Ich habe gekämpft. Doch die Kraft reichte nicht. Etwas Hoffnung kam mit einem neuen Job. Den habe ich nach fünf Monaten wieder verloren. Schulden. Umsonst gekämpft. Betrogen. Missbraucht. Gegen die Zeit verloren. Die Zeit sitzt mir jetzt im Nacken. Sie übt einen unendlichen und kaum zu ertragenden Druck auf mich aus. Das war im Oktober 2011.

 

 

 

Seit diesem Tag habe ich mit dem Schreiben angefangen. Mit diesen Zeilen habe ich es geschafft die Zeit anzuhalten. Sie und ich sind gemeinsam in diese Erzählung eingetaucht und wir haben es geschafft. Wir haben die Zeit stehen lassen. Wir sind der Liebe begegnet und haben das Glück gespürt. Wir haben es in der Hand durch die Kraft unserer Gedanken und der Liebe die gnadenlose Zeit anzuhalten. Haben Sie keine Angst vor der Liebe und vor der Zeit. Die Zeit kann Ihnen nichts anhaben. Wir bestimmen das stoppen und das weiterlaufen. Ich wünsche Ihnen noch viele Zeitunterbrechungen. Vergessen Sie niemals die Kraft der Liebe und Ihre Kunst die Zeit zu stoppen. Für mich geht es jetzt weiter. Alles ist offen. So ist das Leben.

 

 

 

Doch in all diesen schlimmen und verletzenden Momenten war Sie da. Neben mir. Bei mir. An meiner Seite. Und Sie ist da. Meine Alexandra. Ich sehe Sie ganz klar vor mir. In einem gelben, knöchel langen Kleid. Sein Stoff ist sanft und weich. Es weht im Wind wie die Wellen im Atlantik von Dingl. Ihre Haare haben eine silberne Farbe und glänzen im Licht der Sonne. Sie steht auf einem Hügel und erstrahlt im Glanz der untergehenden Sonne. Ihre nackten Füße stehen im saftigen Grün des Grases. Der Wind weht durch Ihre silber farbigen Haare. Sie lächelt mich an und aus ihren Augen strahlt mich tiefe Liebe, Glück, Ruhe und Frieden an. Es riecht nach der frischen und klaren Luft der irischen See. Ich höre im Hintergrund den schönen Gesang von irischer Musik. Ihre Augen lachen und ich darf in Ihre Seele sehen. Es ist Frieden und Ruhe eingekehrt. Sie steht da und wartet auf mich, Michael_64.

 

Ja, Alexandra ist meine ganz besondere Begegnung mit der Liebe. Das ist unentliebbar. Sie ist der Schlüssel für meine Zeit.

 

 

 

Und ich sitze hier und warte auf die nächste Begegnung mit dir. Berühre mich immer wieder und verleihe mir die magische Gabe der Kunst die Zeit anzuhalten.